Beim letzten Termin von Bessere Schule JETZT! mit der Bildungsdirektion Wien ging es inhaltlich um die verschränkte Form der Ganztagesschulen. Wir sind der Meinung, dass die verschränkte Form nach ihrer Ursprungskonzeption aus den 1990er Jahren nach und nach durch Ressourcenausdünnung und den generellen Personalmangel bei Lehrer:innen als auch bei den Freizeitpädagog:innen ausgehöhlt wird.
Ganzheitliche Begleitung in Bildung und Erziehung
Denn das Kernelement der qualitativ hochwertigen Arbeit im verschränkten System ist die enge Zusammenarbeit von Lehrer:innen und Freizeitpädagog:innen und die gemeinsame Begleitung des Kindes. Eine verschränkte Ganztagesschule bringt durch den flexiblen Wechsel von Freizeit und Lernzeit nicht nur lernpsychologische Vorteile und eine Entlastung der (berufstätigen) Eltern. Vor allem ist die ganzheitliche Begleitung der Kinder in Bildung und Erziehung DAS große Asset der verschränkten Form. Die Lehrer:innen sind nicht nur kognitive Wissensvermittler, sondern auch Partner:innen in zwangsfreien Situationen (umgekehrt auch die Freizeitpädagog:innen, wenn sie die Kinder im Unterricht erleben). Zwischen Kindern und Pädagog:innen entsteht eine Vertrauenssituation, welche den offenen Umgang mit Gefühlen, Anliegen und Problemen stark begünstigt und so das Kind in seiner individuellen Persönlichkeitsentwicklung begleitet wird. In jedem anderen System wäre das unmöglich. Auf Konfliktsituationen oder Auffälligkeiten im Sozialverhalten kann hier adäquat und zeitnahe reagiert werden.
Auf dem Weg zum Etikettenschwindel?
All diese Vorteile und Werte einer echten verschränkten Ganztagesschule sehen wir insofern in Gefahr, als es durch gesetzliche Änderungen in Zukunft nicht mehr möglich sein soll, dass Lehrer:innen in Freizeitstunden eingesetzt werden dürfen. Bereits jetzt seien Teambesprechungen von Lehrer:innen und Freizeitpädagog:innen aufgrund von Zeitmangel schwierig. Außerdem gibt es durch die neue Basiskontingentberechnung in Schulen insgesamt weniger Lehrer:innen, der generelle Personalmangel bei Lehrer:innen und Freizeitpädagog:innen verschärft die Situation zusätzlich. Die Ganztagesschulen drohen zum Etikettenschwindel zu werden, das pädagogische Konzept wird sich aufgrund der mangelnden Ressourcen kaum noch von einer OVS unterscheiden (können).
Bedürfnisse der Kinder für Politik zweitrangig
Die Bildungsdirektion ist zwar derselben Meinung, dass die verschränkte Ganztagesform wertvoll und wünschenswert sei. Gleichzeitig verwies man auf fehlendes Geld für diese Form der Schulen vom Bund. Dass die GTVS durch die Hintertür eine OVS wird, wollte man nicht oder nur eingeschränkt sehen. Man versicherte uns, dass die Schulqualitätsmanager gemeinsam mit den Direktionen gute Lösungen erarbeiten würden und kein Kind unbetreut bleiben werde. Wir fragen uns dennoch, wie es in der Praxis funktionieren soll, wenn es Ausfälle beim Freizeitpersonal gibt und Lehrer:innen gar nicht mehr in diesen Stunden eingesetzt werden DÜRFEN. Uns wurde zwar versichert, dass es auch in solchen Fällen gute Konzepte der Schulen geben soll. Wir sind jedenfalls skeptisch, ob Konzepte reichen, um fehlendes Personal in realen Situationen zu ersetzen.
Positives zum Schluss
Auch wenn unserem Vorschlag, gemeinsam bei Bund und Stadt Wien den Wunsch nach mehr Mittel für die Schulen zu deponieren, nicht viel abgewonnen wurde, so wurden uns von Bildungsdirektor Heinrich Himmer doch weitere Gesprächstermine in Aussicht gestellt. Wir freuen uns auf die nächsten Termine und den Austausch. Vielleicht folgen Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr oder gar Entscheidungsträger des Bundes dann ja auch unserer Einladung, um über Bessere Schulen Jetzt zu diskutieren!