Klassenschüler:innenZahl – Handlungsbedarf?

In Wien ist die durchschnittliche Klassenschüler:innenzahl viel höher als in anderen Bundesländern.

Datenquelle: Statistik Austria, Aufbereitung/Darstellung: Bessere Schule Jetzt

Frage 1 von Bessere Schule JETZT: Sieht Ihre Partei hier Handlungsbedarf und was würden Sie von Seiten der Stadt tun, um die Klassenschüler:innenzahl zu senken?

In allen Antworten wird bekräftigt, dass die Anzahl von Kindern pro Klasse kleiner werden soll.
Die ÖVP sieht die Lösung des Problems darin, dass keine Dienstposten, die vom Bund für Unterrichtstätigkeiten vorgesehen sind für andere Tätigkeiten verschwendet werden sollen. Dann könnten durch effizienteren Mitteleinsatz von Planstellen die Klassen verkleinert werden. Neos begründet die großen Klassen mit der steigenden Schüler:innenzahl in Wien. Durch weitere Schulneubauten und eine Stärkung des Berufs der Pädagog:innen soll dem entgegengewirkt werden. Die FPÖ will den Familiennachzug stoppen und Anreize für Lehrpersonal schaffen, um in Wien zu bleiben und nicht ins Umland abzuwandern. Die Grünen sehen hier vor allem in den Volksschulen Handlungsbedarf. Die Klassen sollen ihrer Meinung nach durch Bekämpfung des Lehrer:innenmangels kleiner werden. Die SPÖ hat uns bisher noch keine konkrete Antwort auf diese Frage geschickt.

BESSERE SCHULE JETZT meint dazu:

Wenn die Vermutung stimmt, dass Lehrerinnenplanstellen für andere Tätigkeiten verwendet werden, muss das schnellstmöglich aufhören. Der Lehrer*innenmangel stellt klarerweise ein Problem dar, ist aber unserer Ansicht nach nicht der hauptsächliche Grund für die hohen Kinderzahlen in Wiens Schulklassen. Unserer Erfahrung nach sind die Klassen auch zu voll, wenn alle vorgesehenen Stellen einer Schule besetzt sind.

Weiters haben wir die Erfahrung gemacht, dass sowohl von Seiten der Stadt als auch von Seiten der Bildungsdirektion Transparenz nicht gegeben ist und es schwer ist, Zahlen zu bekommen und Hintergründe zu erfahren. Durch die fehlende Transparenz ist es uns nicht möglich die Gründe für den großen Unterschied zu anderen Bundesländern mit gleicher Personalressourcenzuteilung herauszufinden.

Die Antworten der Parteien im Detail*

*Die Reihung erfolgt nach zeitlichem Einlangen der Antworten.

ÖVP

Als Wiener Volkspartei weisen wir seit vielen Jahren auf diesen Missstand hin und haben diesbezüglich auch ein Stadtrechnungshofprüfersuchen eingebracht. Schließlich steht in keiner anderen Stadt Österreichs das Schulsystem vor derartig großen Herausforderungen wie in Wien. Die Hälfte von Wiens Schulanfängern in den ersten Klassen Volksschulen müssen als außerordentliche Schüler geführt werden, weil sie zu schlecht Deutsch können, um dem Unterricht folgen zu können. Dennoch sind gerade in Wien die Schulklassen am größten. So saßen laut Statistik Austria im Schuljahr 2023/24 in Wiens Volksschulen durchschnittlich 21,8 Kinder in einer Klasse, im Burgenland 16,8, in Kärnten 17,2, in Tirol 17,5, in Oberösterreich 18,1, in Salzburg 18,6, in Niederösterreich 18,9. Und das, obwohl alle Bundesländer nach den gleichen objektiven Kriterien vom Bund denselben Anteil an Lehrerinnen und Lehrern pro Schüler finanziert bekommen. Dazu kommen Extra-Planstellen für die Deutschförderung, Mittelschulen und die Tagesbetreuung an den Schulen und dennoch hat diese Stadtregierung die größten Schulklassen des Landes zu verantworten.

Wie jedoch die Causa von Ex-Bildungsministerin Heinisch Hosek aufgedeckt hat, liegt der Verdacht nahe, dass vom Bund genehmigte und finanzierte Lehrerplanstellen von der Stadt Wien für administrative oder sonstige Aufgaben missbraucht werden. Laut einer Anfragebeantwortung von Stadtrat Wiederkehr wird die ehemalige SPÖ-Bildungsministerin nicht als Lehrerin in einem Klassenzimmer eingesetzt, sondern als „Koordinatorin Nahstellenproblematik im 10. Bezirk“. Wir haben deswegen auch den Stadtrechnungshof ersucht, den fachgerechten Einsatz und die Verwendung der vom Bund genehmigten und finanzierten Planstellen für Wien einer Prüfung zu unterziehen. Denn klar ist: Jede einzelne Verschwendung von Lehrerplanstellen ist ein klarer Zukunftsraub an den Kindern. Dazu braucht es zuallererst Transparenz und Aufklärung. Mit einem effizienteren Mitteleinsatz von Planstellen können Klassen verkleinert, die Kinder besser gefördert und die Arbeitsbedingungen für Pädagoginnen und Pädagogen verbessert werden.

NEOS

Eine geringe Schülerzahl pro Klasse trägt jedenfalls zur Unterrichtsqualität bei. Wien hatte jedoch im Gegensatz zu den übrigen Bundesländern die Herausforderung stetig steigender Schüler:innenzahlen aufgrund des Familiennachzuges sowie aufgrund des russischen Angriffskrieges, durch den Tausende ukrainische Kinder an Wiener Schulen untergebracht werden mussten. Trotzdem ist es uns gelungen, einen Schulplatz für alle Kinder zu gewährleisten.

Um die beste Unterrichtsqualität zu bieten und niedrigere Schüler:innenanzahl pro Klasse zu sichern, wollen wir jedenfalls den Aus- und Neubau von Schulraum weitertreiben. In den vergangenen Jahren wurden etwa 100 neue Schulräume pro Jahr geschaffen. Gleichzeitig wollen wir den Beruf Pädagog:in und Schulleiter:in weiter stärken.

FPÖ

Familiennachzug sofort stoppen, um das Bildungssystem nicht weiter zu überfordern. Anreize für Lehrpersonal schaffen, wieder in Wien und nicht im Umland zu unterrichten.

Die Grünen

Kleinere Klassen sind immer ein verständlicher Wunsch aller Beteiligten. Gerade als Lehrer:innen können wir den Wunsch nach kleineren Klassen und einem besseren Lehrer:innen-Kind-Schlüssel sehr gut verstehen. Wir treten auch dafür ein, dass dieser Schlüssel – vor allem in den Volksschulen – besser wird. Erst das ermöglicht eine qualitätsvolle, individuelle Bildung, die auf jedes Kind und alle Bedürfnisse eingeht. Den größten Handlunsgbedarf sehen wir hier an den Volksschulen – Mittelschulen haben in vielen Hauptfachstunden ja eine Doppelbesetzung und dadurch einen ordentlichen Lehrer:innen-Kind-Schlüssel.

Wir wissen aber, dass die Senkung der Klassenschüler:innenzahl bzw. die Verbesserung des Lehrer:innen-Kind-Schlüssel nicht einfach ist. Der Lehrer:innenmangel ist schon jetzt, mit den derzeitigen Klassengrößen, gravierend. Darüberhinaus fehlen an vielen Standorten so viele Lehrkräfte, dass es kaum möglich ist, den Regelbetrieb überhaupt aufrecht zu erhalten. Diese Problematik muss prioritär gelöst werden.

Die wirksamste Maßnahme gegen die hohen Klassenschüler:innenzahlen ist also, den Lehrer:innenmangel zu bekämpfen und den Beruf wieder zu attraktivieren. Nur so bekommen wir genug Personal um die Klassenhöchstzahlen zu senken. Die Stadt Wien könnte hier viel aktiver den Beruf attraktivieren: bessere Arbeitsplätze; mehr Wertschätzung; ordentliche Verträge, die vonseiten der Bildungsdirektion schnell ausgestellt werden; schnelle Anrechnung von Vordienstzeiten; weniger Bürokratie; mehr Gehalt mittels Sonderzahlungen für Lehrkräfte an Standorten mit großen Herausforderungen, etc.

Darüber hinaus ist ebenso wichtig, dass die Stadt Wien jene Lehrer:innenposten, die sie bekommt, auch effizient nutzt. Es kann also nicht sein, dass Lehrer:innenposten für anderweitige Tätigkeiten genutzt werden.

SPÖ

Die SPÖ hat eine sehr allgemeine Antwort geschickt und ist auf unsere detaillierten Fragen nicht eingegangen. Hier zur Antwort der SPÖ.