Die Zahl der Kinder im Autismusspektrum steigt stetig. Gleichzeitig bleibt das Gesamtkontingent für Autismusassistenz an Schulen seit Jahren gleich. Änderungen liegen hier in Landeskompetenz. Viele Eltern sind verzweifelt, weil sie keine adäquaten Schulplätze finden und es viel zu wenig Assistenz gibt. Auswirkungen sind Diskriminierung und soziale Armut.
Frage 3 von Bessere Schule JETZT: Sind Sie dafür das Kontingent für Assistenzstunden zu erhöhen, um auch Kindern im Autismusspektrum Chancengerechtigkeit zu ermöglichen? Wenn ja, wie gedenken Sie dies im Wirkungsbereich der Stadt Wien zu ermöglichen?
ÖVP, NEOS, FPÖ und Grüne sprechen sich für bestmögliche Unterstützung für Kinder im Autismus Spektrum (und auch mit anderen Behinderungen) aus und wollen dafür die Stadt Wien in die Pflicht nehmen. Als konkrete Maßnahmen dafür sehen alle Mittelerhöhung. Die Grünen fordern einen Anspruch an Mindestassistenzstunden für Kinder im Autismusspektrum wie an Bundesschulen und ein Vereinfachen der Zuständigkeiten (derzeit sind Fonds Soziales Wien, Bildungsdirektion und Bildungsressort zuständig). Die SPÖ hat noch bisher keine konkrete Antwort auf diese Frage geschickt.
BESSERE SCHULE JETZT meint dazu:
Ein Rechtsanspruch auf Assistenz nach Vorliegen bestimmter Kriterien ist dringend notwendig.
Es muss Transparenz geben, wie viele Stunden finanziert werden und nach welchen Kriterien diese vergeben werden.
Die Antworten der Parteien im Detail*
*Die Reihung erfolgt nach zeitlichem Einlangen der Antworten.
ÖVP
In allen Bundesländern – bis auf Wien – gehört es im Bereich der Inklusion zum Standard, dass in Pflichtschulen neben Sonderpädagogen, die für den Unterricht zuständig sind, auch persönliche Assistenz, sogenannte „Schulassistenz“ zum Einsatz kommt, die überwiegend pflegerische und damit nicht-pädagogische Unterstützungsaufgaben übernimmt. Diese Aufgabe der Schulassistenz fällt bei Pflichtschulen organisatorisch und finanziell in die Zuständigkeit des Landes oder der Gemeinde, was alle Bundesländer – bis auf Wien – über Landesgesetze bzw. Verordnungen geregelt haben. Außer einem ersten Pilot-Projekt im Schuljahr 2023/24 mit sogenannten „I-Plus-Fachkräften“ existiert in Wien noch kein professionelles System der Schulassistenz. Auch die Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien (KIJA) kritisiert in ihrem aktuellen Jahresbericht für 2023 diesen Umstand massiv.
Es ist davon auszugehen, dass diese Tätigkeiten bisher von Lehrerinnen und Lehrern selbst übernommen werden mussten und damit einmal mehr Lehrerplanstellen von der Stadt für nicht vorgesehene Tätigkeiten missbraucht wurden, damit die Stadt hierfür kein Geld aufwenden muss. Die Tätigkeiten der Schulassistenz, die vor allem Kindern mit Autismus, aber auch anderen Kindern mit besonderen Bedürfnissen umfänglich im Unterricht unterstützten könnten, umfassen die Unterstützung bei alltäglichen Anforderungen wie das Abholen und Hinbringen zum Bus, die Unterstützung beim An- und Ausziehen, Herrichten der Unterrichtsmaterialien, Unterstützung beim Halten der Konzentration und Aufmerksamkeit sowie der Motivation und aktiver Mitarbeit im Unterricht, die Hilfestellung für die Umsetzung aufgetragener Arbeiten, eine zeitliche und örtliche Orientierungshilfe, Unterstützung bei schulischen Übergangssituationen wie Raumwechsel, Pausenzeit, Gruppenarbeiten, Toilettengang, Essen oder die Ermöglichung von kurzfristigen Auszeiten durch begleitendes Verlassen des Klassenraumes bei Überforderung oder Reizüberflutung, die Begleitung bei Ausflügen und Schullandwochen sowie medizinisch-pflegende Bedarfe.
Tatsache ist, dass etwa die Steiermark rund 40 Mio. Euro für die Schulassistenz investiert. Gerade in Zeiten des akuten Lehrermangels ist es inakzeptabel, dass Wien hier einmal mehr vom Bund bezahlte Lehrerplanstellen für Aufgaben missbraucht, die in allen anderen Bundesländern von Ländern und Gemeinden organisiert und finanziert werden. Auch im Sinne einer Entlastung der Pädagoginnen und Pädagogen ist es ein Gebot der Stunde, dass auch Wien rasch und nachhaltig ein professionelles System der Schulassistenz in Wiens Pflichtschulen etabliert.
NEOS
Die Unterstützungsangebote für Schüler:innen mit Autismus-Spektrum-Störung (ASS) bauen wir in allen Schultypen und in der Elementarpädagogik aus. Wir stellen sicher, dass auch Schüler:innen mit ASS an Wiener Schulen ihr volles Potenzial entfalten können und gleichberechtigten Zugang zu allen Bildungswegen haben. Eine Aufstockung von Stunden ist als Teil der Maßnahmen in Zukunft denkbar.
FPÖ
Die Stadt Wien legt bedauerlicher Weise den Fokus auf Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache anstatt österreichische Schüler mit erhöhtem Förderbedarf ausreichend zu unterstützen. Die FPÖ setzt sich für eine Ausbildungsgarantie aller Schüler ein, indem die finanziellen Mittel dafür bereitgestellt werden.
Die Grünen
Ja, wir sind absolut dafür, diese Assistenzstunden zu erhöhen und dafür mehr Mittel einzusetzen. Wir setzen uns seit Jahren dafür ein, dass Inklusion in Wien wirklich gelebt werden kann. Das reicht von unserem Einsatz für ausreichend inklusive Plätze in der Elementarbildung bis hin zur Inklusion in der Schule, Assistenzstunden und Schulasstistent:innen.
Nach einigen Treffen mit verschiedenen Stakeholdern in dem Bereich und unseren eigenen Erfahrungen als Lehrer:innen ist klar: Die Mittel für die Autismushilfe müssen dramatisch erhöht werden. Wir setzen uns im Wirkungsbereich der Stadt Wien dafür ein, dass:
die Mittel grundlegend erhöht werden
dass jedes Kind im Autismusspektrum einen Anspruch auf eine gewissen Minimalanzahl an Assistenzstunden hat (wie an Bundesschulen)
dass die Zuständigkeiten vereinfacht werden – derzeit läuft das über den FSW, das Bildungsressort und die Bildungsdirektion – das bringt nur Verwirrung und weniger Geld.
SPÖ
Die SPÖ hat eine sehr allgemeine Antwort geschickt und ist auf unsere detaillierten Fragen nicht eingegangen. Hier zur Antwort der SPÖ.